Rückblick

Belebende Vielfalt und eine Schule des Lebens: musikalischer Wochenausklang auf der Terrasse vorm Trafohaus & Nachbarschaftsbrunch auf dem Konkordienplatz (3. & 5. Mai 2024)

von René Kaufmann (Projektkoordinator Stadtteilfonds Pieschen & Mickten)

Bunt und lebendig, beschwingt und heiter, so verzaubert zeigte sich der Konkordienplatz rund um das alte Trafohäuschen am ersten Wochenende im Mai. Trotz kleiner Regenschauer öffneten sich Horizonte fürs nachbarschaftliche Zusammenkommen, welche den großen und kleinen Anwohnenden zwanglos leichte Spielräume zum einander Kennlernen und miteinander Reden boten.

Bereits zum Wochenausklang, am Freitagnachmittag (3.5.2024) als viele  Anwohnende auf der sonnigen Terrasse vor dem Trafohaus für eine Auszeit platznahmen, plauderten und in einer heiter beschwingten, musikalisch untermalten Atmosphäre von den Herausforderungen des Alltags losließen. Am Sonntag kamen erneut viele Nachbarinnen und Nachbarn zusammen, um –musikalisch ganz zauberhaft […] umrahmt – auf dem herausgeputzten Konkordienplatz beim Nachbarschaftsbrunch miteinander Speis und Trank zu teilen und dabei ganz zwanglos mit den Nachbar*innen ins Gespräch zu kommen und sich kennenzulernen.

Gewärmt von den Erinnerungen an den letzten Nachbarschaftsbrunch im sonnigen Oktober 2023 und den zauberhaften Adventslesungen setzten die Concordist*innen um Angela Finsterbusch, Peter Bienwald und René Kaufmann im Frühjahr Setzlinge für neue Pläne: Diese gingen auf und dann auch für sie ganz überraschend ihre eigene Lebenswege, zogen dabei neue Themen und interessierte Mitwirkende an. Was dazu führte, dass sich der Nachbarschaftsbrunch diesmal sogar ein eigenes wichtiges Motto, „Starke Senioren, Senioren stärken!“, gab.

Unter der Schirmherrschaft der Beauftragten für Senioren und Menschen mit Behinderung, Manuela Scharf, die in ihrem Ressort mit dem Projekt „Sorgende Gemeinschaften“ explizit dieHerausforderungen nachbarschaftlicher Vernetzung und Unterstützung angeht, waren viele weitere interessante Gäste zum Brunch eingeladen, die ihre Angebote zur Unterstützung und Stärkung unserer Seniorinnen und Senioren im Stadtteil präsentierten: so unter anderem die Fahrbibliothek mit ihrem umfangreichen Angebot wie speziellen Auslagen für Senioren mit Demenz; der Lebenshilfe e.V., welcher gemeinsam mit der interessierte Nachbarschaft das Augenmerk auf Hürden und Barrieren im Stadtteil lenkte und zusammen mit Frau Häußler vom Sozialen Dienst zu Stadtteilrundgängen einlud.

Auf diesen konnte per pedes unser Stadtteil erkundet und mit einer Sofortbildkamera des Lebenshilfe Vereins Fotos von jenen Orten gemacht werden, wo noch deutliche Inklusionsbedarfe bestehen und Bürger*innen mit Behinderung die Teilhabe noch erschwert wird. Der Verein Generationengemeinschaft Dresden Nord war ebenfalls mit einem eigenen Informationspavillon und vielen engagierten Mitgliedern zugegen und informierte über seine Arbeit sowie mögliche Hilfestellungen. Zudem sorgte er mit seinem tollen Quiz für spannende Unterhaltung während des Brunchs. Die Stadtteilvereine Pro Pieschen e.V. und In Gruna Leben e.V. (mit dem Nachbarschaftskreis und dem Akazienhof) informierten ebenfalls über ihre Arbeit und Projekte und luden zu einem regem Austausch ein. Und last but not least informierte das Netzwerk für Seniorenarbeit in Pieschen über seine umfangreichen Hilfsangebote: Zu diesem Netzwerk gehören der Soziale Dienst für Seniorinnen und Senioren der Landeshauptstadt Dresden, das Seniorenbegegnungs- und Beratungszentrum IMPULS des DRK, das Seniorenbegegnungs- und Beratungszentrum der Volkssolidarität, der Malteser Hilfsdienst (Besuchsdienst und Hospizarbeit), die Seniorenberaterin der Laurentiuskirchgemeinde, die Sozialarbeiterin der Sächsischen Wohnungsgenossenschaft und der Pflegedienst Friedrich. Akteurinnen des Lebenswurzel e.V. stellte die Solidarische Landwirtschaft (SoLawi) vor und brachten köstlich-gesunde Produkte zum Verkosten mit.

Dieser einzigartige bunte Fächer an vielfältigen Angeboten lockte zahlreiche Anwohnende zum gemütlichen Sonntagsbrunch. Unter die Besucher*innen unseres vom Stadtteilfonds Pieschen und Mickten geförderten Stadtteilprojektes mischten sich auch die Schirmherrin der Veranstaltung, die Beauftragte für Senioren und Menschen mit Behinderung, Frau Manuela Scharf, sowie Dresdens Sozialbürgermeisterin Frau Dr. Kristin Kaufmann, aber auch frisch gewählte Stadtteilbeirätinnen und – beiräte, wie Franziska Donath, Änne Stange und Frank Mario Banitz. Die Informationsstände wurden intensiv genutzt. Die mobile Bibliothek konnte viele neue Nutzer*innen registrieren. Ihre Vorlesenden begeisterten viele junge Hörende, welche meist mit einem Schwung vielversprechender Bücher unterm Arm die Fahrbibliothek verließen. Des Öfteren wurden an diesem Sonntag Eltern mit ihren Kindern gesehen, die sich fröhlich und beseelt gleich auf dem Konkordienplatz gemeinsam ins Lesevergnügen stürzten. Der Konkordienplatz war nicht nur gut gefüllt mit den vielen Anwohnenden und Interessierten, sondern präsentiert prall gefüllte Tafeln, voll mit den mitgebrachten Köstlichkeiten sowie überzogen mit einem Teppich aus herrlichen Düften, heiterem Geplauder, Melodien und Gesang. Sogar das Wetter blieb gnädig und sah von den prognostizierten größeren Gewittern und Wolkenbrüchen ab. Vielmehr läutete schließlich ein herrlicher Sommerregen am Nachmittag sanft das Ende der Veranstaltung ein und ließ die noch immer zahlreichen Gäste erst recht noch ein wenig enger und heiterer unter den zahlreichen Pavillons und Schirmen zusammenrücken. 

An beiden Tagen war der Konkordienplatz wieder einmal ganz verzaubert und belebt und bot den Anwohnenden vielleicht ein wenig befremdliche, jedoch keineswegs verstörende Abwechslungen vom Gewöhnlichen, durch spannende neue Perspektiven aufs Gewohnte. Er zeigte andere Gesichter und offenbarte dabei einiges von den in ihm schlummernden Potentialen und alternativen Nutzungen. – Nun ruht er wieder, im frischen saftigen Grün, sauber und in stiller Heiterkeit, unser Konkordienplatz –
dessen Name sich wohl auf „Concordia“ („Eintracht“) und historische Ereignisse im 16. Jahrhundert rund um die Beilegung konfessioneller, innerlutherischer Streitigkeiten bezieht.

Ich glaube, ein weiteres Gesicht, das dieser zentrale öffentliche Platz in Pieschen so ganz unerwartet, zwanglos entspannt und en passant zeigte, war das einer Schule des Lebens: Ich durfte in den Begegnungen auf diesem Platz und in den Gesprächen mit den anwesenden starken und weisen Seniorinnen und Senioren erfahren, wie essentiell das scheinbar Banale war und ist, das wir miteinander leben und teilen: Einerseits öffnete der Konkordienplatz uns, seinen Anwohnenden, Spielräume des (An-)Erkennens, Akzeptierens und Respektierens und lud zur gelebten „Eintracht“ undzur Integration unserer nachbarschaftlichen kulturellen, sozialen wie ökonomischen Vielfalt ein. Ganz einfach und unkompliziert wirkte er so, im scheinbar vorpolitischen Raum des nachbarschaftlich Alltäglichen, den Spaltungen wie Konfrontationen entgegen und ließ uns erleben, wie befruchtend, irritierend und doch unersetzlich, notwendig und wichtig für jegliche Form lebendiger Heimat und
Gemeinschaft die befremdliche Spannung zum Anderen ist.

Andererseits erwies sich, dass die gastfreundliche Einladung des Nachbarn, als des – bei aller Nähe – letztlich doch auch uneinholbar fremden Anderen, dass diese großzügige Geste an den Gast, an der eigenen Tafel Platz zu nehmen, mehr als bloße, leere Geste ist: Sie speist sich aus dem Wissen um das unbegreiflich einzigartige und nie gänzlich angemessen zu erwidernde Geschenk des Lebens, das sie be- und verantwortet. Im Kern lädt sie ein zum gemeinsamen fröhlichen Genuss der durch uns Menschen niemals eigenmächtig herstellbaren Vorgaben, aus denen heraus wir alle – bei allem Fleiß ehrlich gestaltender Arbeit – letztlich unverdient leben. Das dankbar antwortende Bewusstsein um dieses unser Beschenktsein, es befreit uns und macht uns fähig zur Teilhabe an diesem generös verschwenderischen, spielerischen Reigen des Lebens: Es erlaubt uns, uns am Unvorstellbaren zu versuchen, am unmöglich Einfachen, aus dem die Kinder noch unschuldig unwissend heraus leben und zu dem die Alten zurückkehren: Mensch unter Menschen zu sein und als so unverdient großzügig Beschenkte, unsere Talente und Begabungen nicht zurück-, sondern in fröhlicher Dankbarkeit an den und die anderen weiterzugeben.

Nur im Teilen mit dem Fremden, nur in der riskanten Geste solch zuvorkommenden, höflichen Respekts gegenüber dem Anderen, dem Fremden als Menschen, wird das grundlegende Gewebe unseres Miteinanders initiativ und prinzipiell geknüpft. – Weitere Einladungen dazu sind übrigens bereits ausgesprochen: Im Kalender können Sie sich daher gerne schon einmal die zwei geplanten Nachbarschaftsbrunchs jeweils am Sonntag, dem 18. August sowie 29. September 2024, vormerken wie auch den musikalischen Wochenausklang vorm Trafohaus am kommenden Freitag, 17.5.2024, 15-17 Uhr.